Wie zeigen sich eigentlich neurodiverse Mischtypen? Was passiert, wenn autistische Menschen auch ADHS haben? Darüber möchte ich dieses Mal schreiben. Es gibt im englischsprachigen Raum mehrere Begriffe für die neurologische Kombination aus Autismus und ADHS: AutHD bzw. AuDHD. Der Begriff setzt sich zusammen aus den englischen Begriffen Autism und ADHD.
Ich finde es eigentlich schön, dass es dafür einen Begriff gibt. Nicht weil man damit noch mehr Schubladendenken fördert, sondern weil sich diese Gruppe von Menschen dann auch gesehen fühlt. Damit wird Aufmerksamkeit gefördert.
Autismus und ADHS galten lange Zeit als gegenseitige Ausschlussdiagnose: Wenn man autistisch ist, kann man nicht gleichzeitig ADHS haben - und umgekehrt. Mittlerweile hat man erkannt, dass sogar eine hohe Komorbidität bei beiden Neurodivergenzen vorliegt. Viele Autisten haben gleichzeitig ADHS (Komorbidität ca. 40-70%) und manche Menschen mit ADHS sind gleichzeitig Autisten (Komorbidität ca. 15-25%) (Quelle).
Vermutlich geht es bei diesen Studien um den Zeitpunkt der Entdeckung der ersten und prominentesten Neruodivergenz bzw. was die meisten Schwierigkeiten bereitet, sodass man bei Mischtypen (AutHD) von Komorbiditäten sprechen kann. Ansonsten wären solche Studien vergleichbar mit dem Henne-Ei-Prinzip: War zuerst die Henne oder das Ei da? War zuerst die ASS oder das ADHS da? Sind es nun autistische Menschen mit ADHS oder Menschen mit ADHS mit autistischen Zügen?
Im Endeffekt sind "AutHDler" ja ohnehin ein Mischtyp, sodass es meiner Meinung nach keine Rolle spielt, welche Neurodivergenz zuerst da war, oder welche Neurodivergenz komorbide zur anderen verläuft.
Vielmehr ist es allein die Erkenntnis, dass es sich um keine reine autistische Neurodivergenz bzw. keine reine ADHS-Neurodivergenz handelt, extrem wichtig.
Warum?
Menschen, die sowohl autistisch als auch ADHS haben, erleben und verhalten sich manchmal anders, als Menschen, die von einer einzigen neurodiversen Besonderheit betroffen sind. Sie fühlen sich durch ihre Gruppe oft nicht ausreichend repräsentiert (z.B. ein AutHD in einer reinen Autismus-Gruppe) und hinterfragen ihre Diagnose.
Hier kann ich aus eigener Erfahrung berichten:
ich brauche Routinen, aber ich schaffe es schwer mich daran zu halten
ich liebe Gleichförmigkeit, aber brauche auch ständig Abwechslung
ich brauche Ruhe, und trotzdem suche ich ständig neue Reize
Mal erlebe ich mich eher autistischer, mal zeigt sich das ADHS deutlicher
Diese Beispiele gelten jetzt speziell für mich.
Die Zusammensetzung aus Autismus und ADHS kann bei jedem Menschen individuell aussehen.
Wichtig:
Einen "AutHD'ler" kann man oft schwerer in einem standardisierten Diagnostikverfahren erfassen, da sich die Symptomatik, wie in den Beispielen gezeigt, gegenseitig aufheben / zu schwach zeigen können.
Für mich ist es oft, als leben zwei Seelen in mir:
eine eher nach Ruhe und Gleichförmigkeit suchende Seele, die wenig Kontakte braucht, sehr in sich gekehrt ist, wenig sprechen mag, ihren Interessen nachgehen will
und eine Seele, die die Reize sucht, die immer wieder Neues braucht, die das Multitasking sucht, der alles schnell langweilig wird
Für mich ist es ständig herausfordernd, "beide Seelen" zufriedenzustellen.
Ich fühle mich oft unter- und überfordert zugleich.
Oft suche ich mir Tätigkeiten, die mich geistig sehr fordern, aber beachte die sozialen Herausforderungen nicht. Zum Beispiel suche ich mir eine Stelle, die mich in der Jobbeschreibung anspricht, aber ignoriere, dass ich vielleicht viel Reisen müsste oder viel im Kontakt mit Menschen bin.
Oder mein ADHS verlangt nach geistiger Stimulation, aber der Autist in mir benötigt noch Ruhe. Meist ignoriere ich, dass ich Ruhe benötige und gebe dem ADHS nach, was mir natürlich häufig eher schadet.
Gibt es Tipps?
Ehrlich gesagt, ich suche selbst noch nach einer Möglichkeit, wie ich eine Balance zwischen meinem ADHS Anteil und dem Autismus Anteil finden kann.
Falls es soweit ist, lass ich es euch wissen ;)
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